Ein Gastbeitrag von Thorsten Gutmann, Chefredakteur der unabhängigen Nachrichtenseite Ostexperte.de.
Die russische Exklave Kaliningrad zwischen Litauen und Polen ist ein spannendes Urlaubsziel. Zur Fußball-WM 2018 in Russland interessieren sich viele Touristen für das ehemalige ostpreußische Königsberg.
Besonders empfehlenswert sind die idyllischen Stadtteile Amalienau und Maraunenhof und die romantische Halbinsel Kurische Nehrung. Ostexperte.de gibt Dir ein paar Vorschläge für eine gelungene Reise nach Kaliningrad.
Wenn Du die russische Kultur erleben möchtest, musst Du nicht unbedingt nach Moskau oder St. Petersburg fliegen. Die russische Exklave Kaliningrad liegt nur ca. 530 Kilometer Luftlinie von Berlin entfernt.
Leider gestaltet sich die Einreise heutzutage schwieriger als vor einigen Jahren. Touristen aus der Europäischen Union benötigen ein Visum, das für die Russische Föderation gültig ist. Hier erfährst Du alles, was für Deinen Kurzurlaub nach Kaliningrad wichtig ist.
1) Tag 1: Kaliningrader Zentrum und historische Stadtviertel
Am ersten Tag Deines Kurzurlaubs empfehlen wir Dir eine Tour durch das Stadtzentrum.
Wir beginnen unsere Reise am Haus der Sowjets. Das markante Gebäude wurde in den 1970er-Jahren erbaut. Ursprünglich sollten dort die Stadt- und Gebietsverwaltung einziehen. Doch wegen statischer Probleme ist es dazu nie gekommen. Bis heute steht das Gebäude leer.
Vom Haus der Sowjets führt eine Brücke zur Kant-Insel – früher als Kneiphof bekannt. Am Ufer des alten Pregels befindet sich die erstmals 1870 errichtete Neue Börse.
Das Gebäude ist dem Zweiten Weltkrieg zum Opfer gefallen, doch 1967 wurde es wiederhergestellt. Früher war es ein Veranstaltungsort für die Elite, heute beherbergt es ein Kulturzentrum für Jugendliche.
Weiter geht es zum historisch sanierten Fischerdorf im deutschen Stil. Hier darfst Du Dir in einem der Cafés oder Restaurants eine Ruhepause gönnen. Alternativ kannst Du die Gegend bei einer Rundfahrt auf dem Fluss fotografieren. Der Leuchtturm bietet ebenso eine gute Aussicht.
Auch der Königsberger Dom wurde im Zweiten Weltkrieg von der britischen Luftwaffe zerstört. Ab 1992 wurde das bedeutende Kulturdenkmal mit Unterstützung der russischen Regierung und der ZEIT-Stiftung restauriert.
An der Außenseite des Doms befindet sich das vom Architekten Friedrich Lahrs gestaltete Grabmal des deutschen Philosophen Immanuel Kant (1724-1804).
Von hier aus erreichst Du das Welt-Ozean-Museum, das Denkmal für die 1.200 Gardesoldaten, die Christ-Erlöser-Kathedrale, das Kaliningrader Rathaus und das Haus der Technik.
Im Anschluss fahren wir in den ehemaligen Stadtteil Amalineau. Das preußische Villenviertel im Westen von Königsberg war für seine idyllische Schönheit berühmt. Nach dem Krieg wurden die Gebäude von sowjetischen Funktionären genutzt.
Deshalb ist Amalineau nahezu vollständig erhalten geblieben. Heute gehört das romantische Viertel zum Kaliningrader Zentralrajon.
Nach einem ausgedehnten Spaziergang solltest Du auch in Maraunenhof vorbeischauen. Mit seinen vielen repräsentativen Villen ist er eines der Stadtteile mit der am besten erhaltenen Bausubstanz aus der Vorkriegszeit.
An der Uliza Telmana findest Du dort zudem den Jugend-Freizeitpark. Besonders interessant ist er für Familien an einem sonnigen Wochenende. Neben warmen Speisen und einem Autopark für Kinder gibt es dort auch ein „umgedrehtes Haus“.
2) Tag 2: Selenogradsk und die Kurische Nehrung
Der zweite Tag eignet sich perfekt für einen Ausflug an die Samlandküste. Die „grüne Stadt“ Selenogradsk (bis 1947: Cranz) erreichst Du bequem per Zug oder Taxi. Die Taxifahrt ab Kaliningrad kostet ca. 600 bis 1.000 Rubel.
Während der Kaiserzeit war Cranz einer der wichtigsten Badeorte an der ostpreußischen Küste. Heute ist er trotz leerstehender Gebäude und vernachlässigter Infrastruktur immer noch Anziehungsmagnet für russische Strandurlauber.
Von Selenogradsk aus erreichst Du den Höhepunkt Deiner Kaliningrad-Reise – die Kurische Nehrung. Sie ist eine 98 Kilometer lange Halbinsel an der Nordküste des Samlands. Seit 1945 gehören die nördlichen 52 Kilometer zu Litauen, der Rest zur Oblast Kaliningrad. Im Jahr 2000 wurde die Kurische Nehrung zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Eine asphaltierte Straße führt durch den gesamten Nationalpark bis zur litauischen Hafenstadt Klaipeda am Fluss Memel.
Am Selenogradsker Bahnhof kannst Du in einen Bus einsteigen, der Dich zu unterschiedlichen Siedlungen und Sehenswürdigkeiten entlang der Kurischen Nehrung befördert. Den Fahrplan findest Du direkt an der Haltestelle.
Lerne eine russische Frau auf deiner Kaliningrad-Reise kennen.
Ein Bus fährt bis nach Litauen, andere wiederum zu den russischen Siedlungen Morskoje, Rybatschij und Lesnoje. Wir empfehlen Dir, an der Haltestelle Düne Epha auszusteigen. Die Busfahrt ab Selenogradsk kostet ca. 100 Rubel.
Von der Düne Epha aus gelangst Du durch einen Kiefernwald an den Ostseestrand. Hier kannst Du Souvenirs kaufen. Kaliningrad ist für seinen Bernsteinschmuck berühmt. Wenn Du am einsamen Sandstrand ca. 4-5 Kilometer in die russische Richtung zurückwanderst, gelangst Du zum „tanzenden Wald“.
Dort gibt es das seltsame Phänomen, dass die Bäume kreisförmig gewachsene Stämme haben. Leider haben zahlreiche Touristen das Waldstück enorm beschädigt. Per Bus und Zug gelangst Du nach einer langen Wanderung zurück nach Selenogradsk bzw. Kaliningrad.
Dort kannst Du beispielsweise im Fish Club oder bei Dolce Vita zu Abend essen. Das Nachtleben in Kaliningrad ist eher provinziell und auf keinen Fall mit Moskau oder St. Petersburg zu vergleichen.
3) Tag 3: Kurort Swetlogorsk an der Ostsee
Am dritten Tag Deiner Reise lohnt sich ein Besuch des Kur- und Badeorts Swetlogorsk (bis 1947: Rauschen). Am Kaliningrader Nordbahnhof fährt ein günstiger Elektritschka-Zug direkt in das Zentrum von Swetlogorsk.
Dort kannst Du per Seilbahn vom Bahnhof zum Strand gleiten. Im Ort selbst gibt es zahlreiche historische Gebäude, Restaurants, Bars und Angebote für Sport und Erholung. Der Badeort ist bei Russen beliebt und wird auch als „Sotschi des Nordens“ bezeichnet.
Je nach Zeitplan geht es von Swetlogorsk per Taxi zum Flughafen Kaliningrad-Chrabrowo. Wenn Du aber noch ein paar Stunden übrig habst, dann solltest Du unbedingt die Fortifikationsbauten des ehemaligen Königsbergs besichtigen.
Um Kaliningrad herum bildet sich ein Gürtel von Festungsanlagen, deren Ruinen heute noch erhalten sind. Interessant sind der Fort 5 Friedrich Wilhelm III. und der Fort 11 Graf Dönhoff, wo Teile des Bernsteinzimmers vermutet werden.
4) Wo liegt Kaliningrad?
Das Gebiet Kaliningrad liegt im Nordosten Europas. Die russische Exklave ist eingekeilt zwischen Litauen und Polen und umfasst rund 15.000 Quadratkilometer – etwas weniger als das deutsche Bundesland Thüringen. Zudem gibt es eine rund 250 Kilometer lange Küste zur Ostsee.
5) Anreise per Flugzeug, Auto, Bus oder Zug
Anreise per Flugzeug: Leider gibt es derzeit keinen Direktflug aus Deutschland nach Kaliningrad. Jedoch kannst Du die russische Exklave per Zwischenstopp erreichen. Es gibt verschiedene russische und europäische Fluggesellschaften, die eine Verbindung anbieten:
- Ab Berlin gibt es zahlreiche Optionen, z. B. per Air Baltic mit Zwischenstopp in Riga (Gesamtdauer: ca. 4 Stunden). Alternativ kannst Du die polnische Airline LOT mit Zwischenlandung in Warschau nutzen (ca. 4,5 Stunden).
- Ab München kannst Du mit Air Baltic über Riga nach Kaliningrad fliegen (ca. 4 Stunden).
- Ab Frankfurt kannst Du z.B. mit Aeroflot nach Moskau fliegen. Von dort geht es wieder zurück in den Westen. Diese Option dauert jedoch mehr als 7 Stunden.
Anreise per Zug: Wenn Du per Zug aus Deutschland nach Kaliningrad reisen möchtest, dann müssen wir Dich leider enttäuschen. Seit 2012 gibt es keine direkten Verbindungen in die russische Exklave. Auf der schnellsten Verbindung (ca. 25 Stunden) musst Du fünf Mal umsteigen, u. a. in Warschau und Vilnius.
Angeblich plant die russische Eisenbahngesellschaft RZhD in Zukunft einen Direktzug von St. Petersburg über Kaliningrad nach Berlin. Doch ob und wann diese Pläne umgesetzt werden, steht bisher in den Sternen.
Anreise per Bus: Es gibt mehrere Anbieter, die eine Busreise von Deutschland nach Kaliningrad anbieten – zum Beispiel das Verkehrsunternehmen Ecolines. Ab Berlin kannst Du für weniger als 100,- Euro in ca. 13 Stunden in die russische Exklave fahren. Der Bus hält u. a. in Warschau.
Anreise per Auto: Selbstverständlich kannst Du auch mit dem eigenen Pkw nach Kaliningrad fahren. Du benötigst eine Grüne Versicherungskarte, auf der Russland (RUS) nicht durchgestrichen ist.
Zudem musst Du ein ovales D-Schild an der Rückseite des Fahrzeugs anbringen. Es empfiehlt sich, neben dem nationalen (deutschen) Führerschein einen internationalen Führerschein mitzuführen.
6) Visum für Deine Reise nach Kaliningrad
Früher konnten Staatsbürger aus dem Schengen-Raum ohne Probleme in das Kaliningrader Gebiet einreisen. Es gab ein vereinfachtes Verfahren zum Erhalt einer Aufenthaltsgenehmigung – das sogenannte 72-Stunden-Visum. Zum 31. Dezember 2016 ist diese Sonderregelung leider aufgehoben worden.
Ganz so schlimm ist das aber nicht, da es seit kurzem nun auch ein kostenfreies elektronisches Visum für Kaliningrad gibt. Es ermöglicht Dir den Besuch der Oblast für bis zu 7 Tage.
Wenn Dir das zeitlich nicht reicht, musst Du leider ein "ganz normales" Russlandvisum beantragen.
Fotoquelle Titelbild: Anton Gvozdikov / Shutterstock.com
Wie gefällt Dir Kaliningrad? Hast Du Lust auf eine Reise in die russische Exklave? Ich freue mich über Deinen Kommentar. Auf Russland-Erleben erfährst Du alles über Russland.
Lieber Markus,
vielen Dank für Deine Empfehlungen zu den Sehenswürdigkeiten in Kaliningrad! Wir planen eine Reise ins nördliche Ostpreußen und werden sicher den einen oder anderen Tipp von Dir aufsuchen!
Zur Anreise: Ja, das stimmt, bei den Bahnverbindungen ist noch Luft nach oben. Immerhin – die werden wir wohl nehmen – gibt es derzeit eine Direktverbindung am Tag von Berlin nach Danzig, weiter geht`s dann via Bus mit Ecolines nach Kaliningrad.
Leider haben wir nicht ganz soviel Zeit, ansonsten hätten wir (mit Mietwagen) noch eine weitere wirklich schöne Route nehmen können: Via Autofähre von Kiel nach Klaipeda/Litauen, von dort sind es dann direkt über die Landstraße auf der reizvollen Kurischen Nehrung noch 140 km bis nach Kaliningrad. Man nutzt dann also den Grenzübergang auf der Halbinsel bei Nida/Morskoje.
Liebe Grüße
Claudia
PS: Toller Blog, wir haben schon Tipps zu Petersburg genutzt im letzten Jahr für unsere Sprachreise nach Petersburg.
Liebe Claudia,
vielen Dank für Deinen Kommentar und Deine Worte, das freut mich sehr! Ich wünsche Euch viel Spass bei dieser Reise und eine tolle Zeit in und um Kaliningrad. Werdet ihr dann mit dem e-Visum einreisen oder? Hierzu habe ich ja auch bereits einen Artikel gemacht. Seit Neuestem gibt es auch einen Flixbus (von Deutschland oder auch Danzig aus) bis nach Kaliningrad, falls Euch das noch weiterhilft: https://www.flixbus.de/fernbus/kaliningrad.
Liebe Grüße
Markus
ich war 2017 da, Heimat meiner Mutter und ihrer Ahnen !
Seitdem habe ich noch mehr „Heimweh“. Ich 40 Jahre meinen Großvater gesucht, und ihn dank VdK auch gefunden. Nach über 70 Jahren legte ich einen Strauß Blumen in Tchernyachovsk/Insterburg ab.
Es war eine sehr interessante Reise, Oblast Kaliningrad ist uns als Land schon genauso ähnlich wie Polen, es gibt alles, die Hotels sind alle sehr gepflegt, gut, das Straßenniveau ist „manchmal“ etwas altmodisch.
Aber wer einmal da war, möchte wie ich immer mal wiederkommen !!! :-))))
Wer mehr von meiner Reise erfahren möchte, ich habe einen langen Bericht gepostet,
der über den Link oben bei meinem Namen zu finden ist.
Ich freue mich über Kontakte für Erfahrungs/Bilderaustausch.
Hallo Hannelore,
danke für Deinen tollen Kommentar. Das war bestimmt eine sehr interessante Reise auf der Suche nach Deinen Ahnen. Es freut mich, dass Du dann schlussendlich das Grab Deines Großvaters gefunden hast und somit für Dich einen Abschluss finden konntest. Das mit dem „Immer wieder kommen wollen“ kann ich sehr gut nachvollziehen 🙂
Liebe Grüße
Markus
Hallo Hannelore,
danke für Deinen tollen Kommentar. Das war bestimmt eine sehr interessante Reise auf der Suche nach Deinen Ahnen. Es freut mich, dass Du dann schlussendlich das Grab Deines Großvaters gefunden hast und somit für Dich einen Abschluss finden konntest. Das mit dem „Immer wieder kommen wollen“ kann ich sehr gut nachvollziehen 🙂
Liebe Grüße
Markus
Lieber Markus, du kannst dich hoffentlich noch an mich erinnern:
2020 haben meine Tochter und ich die Reise zum Baikalsee vorbereitet. Du hast uns dabei sehr unterstützt, du hattest Leute gefunden, die uns wiederum halfen, diese private Reise nach unseren Vorstellungen zu planen. So wurden wir am Flughafen in Irkutsk herzlich begrüßt und zum Hotel gefahren, am nächsten Tag ging es zum Baikalsee. Du hast uns Tips gegeben zur Rückreise nach Moskau mit der Sibirischen Eisenbahn. Diese Tage in der Bahn wurden ebenfalls für uns unvergesslich. Ohne dich wäre diese Reise sicher nicht so problemlos verlaufen.
Deshalb nochmals vielen lieben Dank und mache weiter so, damit viele Menschen dieses wunderbare Land und seine Menschen kennenlernen. Ich schreibe dir aus Kaliningrad. Mein Mann und ich sind noch bis zum 1. August hier.
Vielen Dank für diese netten Worte und es ist auch für mich sehr schön
zu hören, dass diese Reise für Euch unvergesslich bleiben wird!
Ich wünsche Euch noch tolle Tage in Kaliningrad!
Liebe Grüße Markus